Themen: Sorben / Wenden

Der Ausstellungsbereich Sorben / Wenden (im Weiteren Sorben bzw. sorbisch) gibt mit einer Multimediastation und exemplarischen Ausstellungsobjekten einen kulturhistorischen Überblick zur Geschichte und Kultur der Sorben.
Besondere Beachtung finden die problematischen Auswirkungen des Braunkohlenbergbaus auf die gegenwärtige und historische Situation der Sorben.
Die Präsentation gibt Auskunft zu folgenden Fragen:

Wer sind die Sorben und woher stammen sie?
Gibt es einen Unterschied zwischen "Sorben" und Wenden"?
Wie verlief die kulturelle Entwicklung der Sorben?
Welche Institutionen und Vereinigungen haben die Sorben entwickelt?
Welche Bräuche und Traditionen pflegen die Sorben?
Was sind die gegenwärtigen Probleme der Sorben?
Wie wirken sich die Kohle- und Energiewirtschaft und die damit verbundenen Umsiedlungen auf die sorbische Kultur und Identität aus?
Wie stellt sich die individuelle Erfahrungsperspektive sorbischer Umsiedler dar?
Welche Chancen und Probleme bestehen für die Sorben in der heutigen Minderheitenpolitik?


Radwegweiser in deutscher und sorbischer/wendischer Beschriftung.

Auffällig für jeden Besucher: Zweisprachige Beschriftung in der Lausitz.
Fotograf: Horst Adam

Überblick Sorben / Wenden

Die Sorben oder Wenden – staatlich anerkannt als nationale Minderheit – gehen auf slawische Stämme zurück, die im 6. Jh. in das Gebiet zwischen Oder und Elbe / Saale von Osten her einwanderten. Sie leben in der Lausitz im südöstlichen Teil Deutschlands, wobei sich ihr heutiges Siedlungsgebiet auf die Bundesländer Sachsen und Brandenburg erstreckt.

Zu den Sorben werden gegenwärtig etwa 60.000 Personen gezählt. Konfessionell bekennen sich die Sorben in der nördlichen Niederlausitz mehrheitlich zum Protestantismus, die der südlichen Oberlausitz gehören vorwiegend dem Katholizismus an.
Auffallend und charakteristisch ist die Zweisprachigkeit des Gebiets, die sich, für jeden Besucher offensichtlich, an deutsch-sorbischen Ortschildern, Straßennamen, Beschilderung an Institutionen u.a. ausdrückt.

Die Sorben besitzen eine eigene Sprache, die sich in zwei eigenständige Schrift- und Umgangssprachen (obersorbisch, niedersorbisch) aufgliedert. Im Sorbischen Sprachlabor des Archivs verschwundener Orte finden Sie dazu detaillierte Informationen.

Die Sorben haben eigene Kultur-, Bildungs- und Forschungseinrichtungen und mit der Domowina einen Dachverband zur politischen Durchsetzung ihrer Rechte und Interessen. In den Landesverfassungen von Sachsen und Brandenburg wurden die Sorben mit besonderen Minderheitenrechten ausgestattet.

Im Verlauf ihrer wechselvollen Geschichte haben die Sorben ein reichhaltiges kulturelles Spektrum in den Bereichen Literatur, Musik und bildender Kunst sowie vielfältige Ausdrucksformen einer eigenen Volkskultur wie etwa Trachten, Brauchtum, Volkskunst und Traditionen hervorgebracht.

Trachtenträgerinnen und einige Männer stehen Wilhelm Pieck gegenüber.

Die Sorben erfuhren in der DDR großzügige finanzielle und kulturelle Förderung. Gleichzeitig wurden Sie politisch vereinnahmt. Eine Delegation der Sorben besucht den Präsident der DDR Wilhelm Pieck 1950.
Fotograf: Archiv Nowy Casnik

Die Ausstellung dokumentiert Geschichte und Kultur der Sorben vor dem Hintergrund wechselnder Herrschaftsbedingungen und politischer Systeme als beständiges Wechselspiel zwischen Unterdrückung und Selbstbehauptung, kulturellem Aufschwung und Germanisierungsversuchen, Minderheitenschutz und fortschreitender Assimilierung.

Die Präsentation spannt ihren kulturhistorischen Bogen von den ersten schriftlichen Erwähnungen der Sorben ab dem 7.Jh., über die Zeit des Mittelalters, zeigt das geistig-kulturelle Leben und politische Klima von der Reformation über die Industrialisierung bis zur Weimarer Republik, dokumentiert die repressive Zeit unter dem Nationalsozialismus und die zwiespältige Politik der DDR gegenüber den Sorben zwischen materieller Förderung und politischer Vereinnahmung. Ein weiteres Kapitel zeigt die wechselnde, oft konträre Haltung der Kirche zu den Sorben im Verlauf der Geschichte. Ein Abschnitt zu ihrer jüngeren Geschichte dokumentiert die Sorben als Minderheit im Spannungsfeld wirtschaftlicher Interessen und der Politik.


Die Sorben / Wenden und die Braunkohle

Zur Besonderheit des Lausitzer Braunkohlenreviers gehört, dass sich die Braunkohleförderung mit ihren gravierenden Eingriffen in die ländliche Siedlungsstruktur seit vielen Jahrzehnten in dem traditionell angestammten Siedlungsgebiet der Sorben vollzieht.
Einer der vielen Faktoren, die bis heute die Situation des sorbischen Volkes geprägt haben, ist daher die Industrialisierung der zweisprachigen Lausitz, besonders durch den Bergbau.

Der Braunkohlenbergbau brachte der Lausitzer Bevölkerung – auch den Sorben - zweifellos einen gewissen Wohlstand und soziale Sicherheit. Anderseits fielen zahlreiche sorbisch geprägte Dörfer den Tagebauen zum Opfer, das sorbische Siedlungsgebiet wurde immer weiter reduziert und damit Sprache und Kultur kontinuierlich zurückgedrängt.
Daher stellt die anhaltende Abbaggerung von Dörfern mit sorbischen Bevölkerungsanteilen – neben anderen bedeutenden Faktoren wie etwa Assimilierung – nach wie vor eine substantielle Bedrohung der sorbischen Sprach und Kultur dar.

In Gedenken an die vielen sorbisch geprägten Dörfer, die den Tagebauen weichen mussten, und aus Protest gegen die lange umstrittene Abbaggerung und Umsiedlung Hornos (sorbisch Rogow), begeht die Domowina seit 1998 alljährlich einen "Tag der abgebaggerten sorbischen Dörfer". Im Jahr 2006 wurde die Gedenkveranstaltung mit der feierlichen Eröffnung des "Archiv verschwundener Orte" zusammengelegt.